Der Kunstsommer in Wels stand heuer ganz im Zeichen der Kollaterale: DIE FORUM-Kunstschaffende bespielten in diesem kurzfristig etablierten Kunstprojekt von 3. bis 18. Juli 2020 die Welser Innenstadt: Performance, Installationen und Kunst im öffentlichen Raum, Ausstellungen und temporäre Ateliers in Leerständen und Schaufenstern, Filmscreening im Burggarten und Ausstellungsräumen, work in progress, spontane Interventionen, geführte Rundgänge, mobile Spontanzeichnung und BesucherInnen, die Teil der hier geschaffenen Kunst wurden.
Installative Ausstellung „Spuren“
Spuren ziehen sich durch das alte Gebäude. Vorgefundene Spuren wurden gerahmt und die Verletzungen der Mauer und des Bodens so zu einem Kunstwerk erhoben. Kohle- und Klebebandlinien führen die Suchenden weiter in neue Ebenen und Räume.
Die Werkserie „Spuren“ versammelt sich in einem Raum und zeigt kleinformatige Arbeiten, auf denen sich Spuren vieler früherer Werke zu kleinen Bildern fügen – Lackreste, Fragmente von Linoldrucken, Kohlelinien und Ölfarben.
Mitgebrachte Spuren aus dem Atelier – Planen mit Ölfarben, die als Malpalette dienten, sind hinter Glas installiert und getrocknete Ölfarbenreste zeigen ihre skulpturale Qualität.
Fußbodenplatten des Ateliers werden zu Bildern. Sie zeigen Spuren aller Arbeitsschritte und verändern sich mit jeder Serie, spiegeln die aktuellen Farbräume, erinnern an alte Grundierungen und tragen den Kohlestaub vieler Zeichnungen. Diese Schichtungen für sich genommen ergeben eine verdichtete Erzählung künstlerischer Arbeit und werden durch das Herauslösen aus dem Koordinatensystem des Atelierbodens zu einer eigenständigen Position – einem „Objet trouvé“.
Zwei Bilder erzählen von Linien und Spuren im Wasser, daneben wellt sich eine Stoffbahn in den Raum.
In einem kleinen Kabinett zeigen die Arbeiten „Templates“ ornamentale Spuren, die im Werk der Künstlerin immer wieder auftauchen.
Filmscreening von „Manipulation“ auf die Mauern der Burg Wels
Der Film basiert auf drei Werken, die mit „augmented reality“ arbeiten – Manipulation 1-3.
Sie sind Teil der Serie „Mengenlehre“, in der ich mich immer wieder mit dem Thema Masse und Macht auseinandersetze.
Definition (Cantorsche Definition der Menge (1895))
„Unter einer ‚Menge‘ verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Obje[k]ten uns[e]rer Anschauung oder unseres Denkens (welche die ‚Elemente‘ von genannt werden) zu einem Ganzen.“
Menschenmengen können vieles sein: mutig, hysterisch, feiernd, verängstigt, übermütig, euphorisch, erschöpft, bedrohlich, agitativ, fordernd, harmlos, unverschämt, neugierig, …
Aber wie entwickelt sich diese kollektive Übereinkunft?
Wie wird aus einzelnen Menschen eine Masse? Was macht die Masse mit dem Einzelnen? Wie agiert der Einzelne in der Masse?
Macht uns die bloße Ansammlung schon zu einem Ganzen?
Wann ist die Menge schützend und wann wird es beklemmend?
Welche positive, welche negative Energie kann eine Masse entwickeln?
Wer steuert die Menschen in der Menge?
Wie entsteht diese Macht?
Wer übernimmt die Verantwortung?