1.
Fragen zu stellen verlangt offensichtlich nach einer Standhaftigkeit, auch wenn sich Fragen allzu gerne aufwerfen. Die Standhaftigkeit deutet im guten Fall auf eine Konzentration hin, auf ein Sehen, das ein Schauen ist, auf ein Hören, das ein Horchen ist. Es geht um Wahrnehmung. Wir nehmen wahr, was wir für wahr halten. Halten, stellen, stehen können Zeitwörter des Bewegtseins sein. Innezuhalten heißt, sich nach innen zu halten, um unter Umständen nach außen wahr zu nehmen, um sich mit dem Umgebenden auseinanderzusetzen – dies nicht nur im Sitzen. Der Stand in der Stille wahren Beobachtens offenbart uns die Bewegung um und in uns, die wir erschauen, erhorchen, erfühlen und wir bekommen eine Ahnung davon, dass es noch ganz andere Möglichkeiten gibt, wenn wir es für wahr halten. Fragen zu stellen kann auch heißen, auf weitere Fragen zu hoffen, die einen gelegentlich Antworten finden lassen. Wir alle sind auf dem Weg, ob wir weg müssen, können, dürfen oder wollen. Die Wege, die uns Evelyn Kreinecker in und mit ihrem künstlerischen Werk eröffnet, sind selbstredend eine ästhetische Erfahrung, der ein originäres wie unverkennbares Vermögen des Ausdrückens inne wohnt. Sie bereitet uns in der Ebene der Leinwand eine mehrdimensionale Bewegung, einen Raum, der uns – bei aller gesellschaftlicher und aktueller Relevanz – in die Offenheit eigenen Denkens, Fühlens und Staunens führen kann, die Betroffensein nicht ausschließt und in uns eigene Fragen aufzuwerfen vermag. Fragen, ohne die Antwort zu wissen, heißt schlichtweg lebendig, wach und offen zu bleiben.
2.
Dein Film ist nicht für einen Spaziergang der Augen gemacht, sondern um in ihn einzudringen, ganz in ihm aufzugehen. (Robert Bresson. Notizen zu einem Kinematographen, 2007)
In Evelyn Kreineckers Animationsfilm „Wegstücke“, zu dem ich mit meiner Flöte eigene improvisatorische „Luftikusse“-Musik gefunden habe bzw. live neu finde, sehen wir Menschen am Weg. Sie finden sich in einer Landschaft, verschwinden wieder, geben anderen Bewegten Raum. Mussten sie Platz machen? Wen sehen wir? Spaziergängerinnen, Wanderer, Menschen auf der Flucht? Die „Flüchtigkeit“ der Darstellung generiert eine Dringlichkeit (für unsere Wirklichkeit?) Darf man die Wirklichkeit in Klammer setzen? Fragen, keine Antworten, aber Fragen!
3.
Ganz Weg sein, ganz weg sein.